© Rebecca Schamber / Preisträgerinnen des Deutschen Afrika Preises 2023: v.l.n.r.: Sally Mboumien, Sabine Odhiambo (DAS), Birgit Pickel (BMZ), Marthe Wandou, ich, Dr. Karamba Diaby MdB, Esther Omam

Als Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beschäftige ich mich mit der Frage, wie wir unsere Welt gerechter gestalten können. Mit einem regionalen Schwerpunkt für das südliche und östliche Afrika betreue ich als Berichterstatterin die Themen Friedenssicherung, Urbanisierung und Bevölkerungsentwicklung.

Themenübergreifend setze ich mich für eine feministische Entwicklungspolitik ein, weil weltweit Mädchen und Frauen die größte diskriminierte Gruppe sind. Daher berücksichtigen wir in unseren politischen Entscheidungen immer, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Bedürfnisse haben sowie unterschiedlichen Herausforderungen gegenüber stehen.

FRIEDENSSICHERUNG

Entwicklungszusammenarbeit findet zunehmend in fragilen Kontexten statt. Mädchen, Frauen und weitere marginalisierte Gruppen sind anders von Krisen und Konflikten betroffen, zum Beispiel durch geschlechtsbasierte Gewalt. In unsicheren Kontexten ist beispielsweise auch der Bewegungsradius von Mädchen stark eingeschränkt, was ihnen den Zugang zu Schulbildung, Ausbildung oder anderen Aktivitäten verwehrt. Gleichzeitig sind Frauen aber wichtige Akteurinnen, um Konflikte zu bewältigen. Werden Frauen gleichberechtigt an Friedensverhandlungen beteiligt, ist es wahrscheinlicher, dass es überhaupt zu einem Friedensvertrag kommt und dass der Frieden nachhaltig länger hält.

Deshalb setze ich mich dafür ein, dass

  • in der Krisenprävention und Konfliktbearbeitungen die Situation von Mädchen, Frauen und anderen marginalisierten Gruppen besonders berücksichtigt wird.

  • Mädchen, Frauen und andere marginalisierte Gruppen als wichtige FriedensakteurInnen wahrgenommen werden.

  • Sicherheit ganzheitlich und nicht nur als Abwesenheit von Gewalt verstanden wird, die die Verwirklichung der Menschenrechte und die Erfüllung grundlegender Bedürfnisse wie Gesundheit, Bildung etc. umfasst.

  • wir unsere Aufmerksamkeit auch auf Krisen und Konflikte lenken, denen in der medialen Berichterstattung kaum oder gar kein Raum gegeben wird.

URBANISIERUNG

Über 50 Prozent der Weltbevölkerung leben heutzutage in Städten. Schätzungen zufolge werden es bis 2050 etwa 80 Prozent sein. Diese Städte wachsen größtenteils informell, folglich nicht durch formelle Planungsverfahren. Etwa 60 Prozent der Stadtbevölkerung in afrikanischen Staaten leben in Slums bzw. informellen Siedlungen. Eine Vielzahl dieser Städte wurden von Männern für Männer erbaut, wodurch sie insbesondere für Mädchen und Frauen viele Gefahren bergen. Sexuelle Belästigung, Geschlechterdiskriminierung und sexistische Einstellungen verstärken die Effekte einer inadäquaten Infrastruktur, schlechter Bezahlung und Unterbeschäftigung.

Deshalb setze ich mich dafür ein, dass

  • das Thema Urbanisierung weiterhin auf der entwicklungspolitischen Agenda bleibt.

  • entwicklungspolitische Aktivitäten zur Urbanisierung geschlechtergerecht gestaltet werden, so dass alle gleichermaßen davon profitieren.

SÜDLICHES & ÖSTLICHES AFRIKA

Als regionale Berichterstatterin für das südliche und östliche Afrika ist es mir sehr wichtig, die Länder und vor allem die Menschen dort in ihrer Vielfalt wahrzunehmen. Dass wir in der Entwicklungspolitik Ungerechtigkeiten adressieren und beseitigen, die aus der Kolonialzeit noch bis heute andauern, ist aufgrund unserer eigenen kolonialen Vergangenheit von besonderer Bedeutung. Nur dann können wir auch von einer tatsächlichen Partnerschaft auf Augenhöhe sprechen.

MITGLIED IM AUSSCHUSS FÜR WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT UND ENTWICKLUNG

FAQ

  • NEIN

    Richtig ist: Es gibt ein Projekt in Höhe von 20 Millionen Euro für Fahrradwege in Lima. 2022 wurden weitere 24 Millionen Euro für künftige Radwege zugesagt.

    Erklärung: Der Klimawandel macht nicht an Grenzen halt. Deshalb ist es sinnvoll, andere Länder zu unterstützen. Im Pariser Klimaabkommen haben sich die Industrienationen dazu verpflichtet.

  • 90 Prozent der Mittel werden über günstige Kredite der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) finanziert. Das heißt Indien zahlt diese Mittel zurück.

    Erklärung: Indien ist ein Land, das ungemein wichtig ist, um globalen Herausforderungen - wie dem Klimawandel - zu begegnen. In eine enge Partnerschaft mit Indien zu investieren ist daher in unserem eigenen Interesse.

  • NEIN

    Richtig ist: Es werden keine Entwicklungsgelder - sogenannte bilaterale Entwicklungszusammenarbeit - an China gezahlt. Die letzte Zusage stammt aus dem Jahr 2009.

    Erklärung: Die noch bestehende Zusammenarbeit des BMZ mit China bezieht sich auf die Bereitstellung sogenannter öffentlicher Güter (z.B. Klimaschutz und Gesundheit). Dass China noch in den Statistiken der ODA-Quote der OECD vorkommt, liegt daran, dass auf diese Quote auch Stipendien für chinesische Studierende an deutschen Hochschulen angerechnet werden können.

  • NEIN

    Richtig ist: Es gibt keine direkte EZ mit Afghanistan und es fließt kein Geld an die Taliban, die keine legitime Regierung in Afghanistan darstellen.

    Erklärung: Deutschland hat nach der Machtübernahme der Taliban am 15. August 2021 die bilaterale staatliche Entwicklungszusammenarbeit eingestellt, unterstützt die afghanische Bevölkerung aber weiterhin über multilaterale Organisationen wie die UN oder die Weltbank.

  • Weil es wichtig ist, um schädliche Geschlechternormen zu überwinden. Denn erwiesenermaßen sind Gesellschaften, in denen die Gleichstellung von Mann und Frau geachtet und gefördert wird, stabiler und widerstandsfähiger.

    Auch Männer leiden unter schädlichen Geschlechternormen, z.B. ist die Suizidrate bei Männern höher, weil sie sich weniger psychologische Unterstützung suchen als Frauen.

  • NEIN

    Richtig ist: Die Zahl bezieht sich auf das Gesamtvolumen aller, oft über viele Jahre laufender Vorhaben. Das schließt zum Teil auch schon abgeschlossene Projekte mit ein.

    Erklärung: Wichtig ist hier zu wissen, dass es sich bei einem Teil der Mittel um Kredite handelt, die wieder zurückgezahlt werden.

    • Beispiel: 2024 lag der Haushalt des BMZ bei rund 11 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anteil am Gesamthaushalt von etwa 2,35 Prozent.

Glossar

    • Hat die Aufgabe, den Menschen die Freiheit zu geben, ohne materielle Not selbstbestimmt und eigenverantwortlich ihr Leben zu gestalten und ihren Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen.

    • Sie leistet Beiträge zur nachhaltigen Verbesserung der weltweiten wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Verhältnisse.

    • Sie bekämpft Armut⁠ und fördert Menschenrecht, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.

    • Entwicklungszusammenarbeit trägt zur Prävention von Krisen und gewalttätigen Konflikten bei.

    • Sind die öffentlichen Entwicklungsgelder.

    • Bereits in den 1970er Jahren haben sich die Industrienationen darauf geeinigt, 0,7% ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben.

    • Gemeldet werden diese Ausgaben an die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

    • Die Berechnung der ODA-Quote ist sehr kompliziert, es können bspw. auch die Unterbringung von Flüchtlingen im eigenen Land angerechnet werden. Das bedeutet, nicht alle ODA-Gelder fließen ins Ausland.

    • Humanitäre Hilfe bezeichnet Hilfe im akuten Notfall, zum Beispiel die Versorgung mit Lebensmitteln oder der Aufbau von Notunterkünften.

    • Für Humanitäre Hilfe ist das Auswärtige Amt verantwortlich.

    • Die UN-Agenda 2030 beinhaltet die Nachfolgeziele der UN-Millenniumsziele.

    • Die Agenda 2030 umfasst 17 Ziele (Sustainable Development Goals - SDGs) mit 169 Unterzielen.

    • Der große Unterschied zu den Millenniumszielen ist, dass die Agenda 2030 umfassender ist und sich an alle Staaten richtet, nicht nur an sogenannte Entwicklungsländer.

    • Ist eines der Grundprinzipien des deutschen Engagements im internationalen Krisen- und Konfliktmanagement. Der vernetzte Ansatz ist eines der Grundprinzipien des deutschen Engagements im internationalen Krisen- und Konfliktmanagement.

    • Er soll zu nachhaltigem Frieden und internationaler Sicherheit beitragen, indem er die wirksame Verhinderung oder Bearbeitung von Gewaltkonflikten ermöglicht.

    • Vernetzung bedeutet dabei, die Ressourcen der Diplomatie, der Entwicklungszusammenarbeit, der Sicherheitspolitik und der humanitären Hilfe über ihre Bereichs-, Ressort- oder Institutionengrenzen hinweg abzustimmen und dann – durch Bündelung oder Arbeitsteilung – optimiert einzusetzen.

    • Ist ein alternativer Begriff für Entwicklungs- und Schwellenländer.

    • Damit soll dem Narrativ, die westlichen Industrienationen seien “entwickelt” und alle anderen Länder müssten sich nach diesem Vorbild richten, entgegengewirkt werden. 

    • Globaler Süden ist keine geographische Kategorie.

    • Ist der wichtigste Zusammenschluss 55 afrikanischer Staaten.

    • Sie wurde im Juli 2002 als Nachfolger der Organisation für Afrikanische Einheit im südafrikanischen Durban gegründet.

    • Sitz der AU-Kommission ist in Addis Abeba, Äthiopien.

    • Ist ein neuer Ansatz in der Außen- und Entwicklungspolitik.

    • Sie erkennt an, dass Macht innerhalb und zwischen Gesellschaften ungleich verteilt und Menschen aufgrund von Geschlecht, Hautfarbe, sexueller Orientierung, Behinderung, sozialer Herkunft, etc. anders von Diskriminierung betroffen sind.

    • Feministische Außen- und Entwicklungspolitik setzt die Menschen ins Zentrum ihrer Politik und versucht Ungleichheiten zu überwinden.

    • Die UN-Frauenrechtskonvetion ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung von Frauen.

    • CEDAW ist das wichtigste Menschenrechts-Instrument für die Rechte von Frauen.

    • Die Frauenrechtskonvention wurde am 18. Dezember 1979 von der UN-Generalversammlung verabschiedet und trat 1981 in Kraft.

    • verfolgen ausgrenzende Ansätze und vorurteilsbehaftete Maßnahmen gegenüber Frauen, sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten.

    • zielen darauf ab, bestehende (Geschlechter-) Ungleichheiten aufrechtzuerhalten. 

    • beruhen auf der Annahme, dass Frauen, sexuelle und geschlechtliche Minderheiten gegenüber (cis-) Männern nicht gleichgestellt sind.

    • Das Geschlecht wird nicht als wesentlicher Faktor in zwischenmenschlichen Beziehungen angesehen.

    • Geschlechternormen und / oder -Ungleichheiten werden nicht als treibende Kraft für Gewalt betrachtet.

    • Es wird nicht anerkannt, dass Geschlechterrollen in bestimmten sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Kontexten zugeschrieben oder auferlegt werden.

    • Die spezifischen Bedürfnisse oder Probleme von Männern, Frauen sowie sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten werden in einem bestimmten Kontext ermittelt.

    • Diese Bedürfnisse und Probleme werden bei der Konzeption und Umsetzung von Maßnahmen berücksichtigt.

    • Es soll vermieden werden, dass Normen und Praktiken, die geschlechtsspezifische Ungleichheiten verursachen, verstärkt werden. 

    • In der Analyse werden Geschlechternormen, -rollen und -ungleichheiten berücksichtigt.

    • Die Ergebnisse dieser Analysen werden in der Konzeption und bei der Umsetzung von Maßnahmen berücksichtigt.

    • Zielen darauf ab, Geschlechterungerechtigkeiten abzubauen.

    • Stellen strukturelle Ursachen und Faktoren von Geschlechterungleichheit, wie zum Beispiel gesellschaftliche Normen (z.B. der Mann geht einer Erwerbsarbeit nach, die Frau kümmert sich um den Haushalt und die Kinder), in Frage.

    • Versuchen, diese Machtverhältnisse aufzubrechen.

    • Sind im Idealfall auch immer intersektional - berücksichtigen also verschiedene Formen von Diskriminierung.

    • Meint die Analyse der Überschneidung von verschiedenen Formen von Diskriminierung.

    • Das können beispielsweise Alter und Geschlecht sein: Mädchen erfahren sowohl aufgrund ihres Alters als auch ihres Geschlechts Diskriminierung. 

    • Ist ein Konzept des Entwicklungsausschusses (Development Assistance Committe - DAC) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

    • Er gibt an, ob Projekte der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit Gleichberechtigung als kein Ziel (GG0), ein Ziel (GG1) oder Hauptziel (GG2) verfolgen.

    • Die UN-Resolution 1325 - Frauen, Frieden, Sicherheit wurde 2000 verabschiedet. Wesentliche Elemente sind der besondere Schutz von Frauen und Mädchen in Kriegsgebieten sowie die Stärkung der Teilhabe von Frauen an politischen Prozessen und Institutionen bei der Bewältigung und Verhütung von Konflikten.

    • Die UN-Resolution 2250 - Jugend, Frieden, Sicherheit wurde 2015 verabschiedet und damit die friedensstiftende Rolle der Jugend anerkannt. Die UN-Mitgliedsstaaten verpflichten sich, jungen Menschen im Bereich Frieden und Sicherheit eine Stimme zu geben, sie aktiv in Peacebuilding-Aktivitäten einzubinden und ihnen den Schutz zu gewähren, der ihnen in Konfliktsituationen zusteht.